Autor: Lothar Jung

Ehrenamtliche Beiträge zum inhaltlichen Angebot

Das Buchlektüre-Seminar „Unsere Welt neu denken“ stand unter dem Vorzeichen des gemeinsamen Lesens und Debattierens. In drei der insgesamt neun Sitzungen profitierten wir jedoch zusätzlich von Impulsvorträgen vonseiten verschiedener Fachfrauen. Die Diplompsychologin Susanne Wächtershäuser-Vespermann referierte am Donnerstag, den 10. November 2022 (siehe unter „Veranstaltungen in der Vergangenheit“/“Dritter Abend Buchlektüreseminar“). Am 9. Februar 2023 führte die studierte Ökonomin Stefanie Krause (gleichzeitig Mitveranstalterin als Vorstand von dasgute.haus) ein in das „Gefangenendilemma“ als Modellsituation für viele Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel.
Eine gesellschaftstheoretische Sicht auf das Thema hat uns am 13. April 2023 die Gießener Soziologin Dr. Michaela Goll nahe gebracht (siehe ebenfalls unter „Veranstaltungen in der Vergangenheit“).

In der Vortragsreihe „Zur Wirkung von Musik“ haben Otto Wanke am 23. März 2023 und Prof. em. Bernhard Wetz am 20. April 2023 die Abende mit außerordentlichem Engagement, großem Erfolg und dabei ohne Honorar oder Gage gestaltet (siehe jeweils unter „Veranstaltungen in der Vergangenheit“). So bestand ihr Lohn „nur“ in der begeisterten Aufnahme ihrer Beiträge durch das Publikum. Auf diese Weise konnten ohne zusätzlichen materiellen Aufwand die Kosten für Raummiete, Klavierstimmung und -aufbereitung, Druckerzeugnisse und Pressearbeit bestritten werden.

Ihnen allen sei herzlich gedankt!

Die Stiftung sucht Kundige und Könnende mit solchen und ähnlichen Arten des Engagements, denn sie lebt von ihnen. Dafür bedanken wir uns und ermuntern alle, die über passende Ideen und Fähigkeiten verfügen, mitzutun im Prozess der Kultur und der politischen Bewusstseinsbildung!

Professionelle und vergütete Dienstleistungen, die dennoch Erwähnung und Dank verdienen

In aller Regel erfolgt die Unterstützung für unsere Stiftung – neben Geldzuwendungen – rein ehrenamtlich. „Non profit“ ist also die Regel. Es gibt aber auch Mischformen, die über die entlohnte Arbeit hinaus einen Mehrwert enthalten, weil sie sich auf eine Weise engagieren, die nach normalem Ermessen von der Vergütung nicht mehr abgedeckt ist.

In mehrerlei Zusammenhängen hat sich der freiberufliche Moderator und Unternehmensberater Michael Krause (bekannt u.a. durch seine Moderationen im Open-Air-Kino Butzbach) dankenswerter Weise stets deutlich mehr eingebracht, als es ein „Dienst nach Vorschrift“ erwarten lassen würde. Beginnend mit der Präsentation unserer Dokumentarfilmreihe (veranstaltet zusammen mit Ralf Bartel und dem Butzbacher Kino) als Moderator der jeweils anschließenden Fachgespräche und dann zum Buchlektüre-Seminar „Unsere Welt neu denken“ war und ist er verantwortlich für die Ankündigungs-Pressetexte und ihre Verteilung, in erster Linie an die Butzbacher Zeitung, oftmals aber auch an Wetterauer Zeitung, Gießener Allgemeine, Frankfurter Rundschau, Frankfurter Neue Presse und die Internet-Zeitung „Landbote“ für Rhein-Main und Mittelhessen.
Seit Februar 2023 ist Michael Krause mit derselben Pressearbeit an der Verbreitung der Veranstaltungshinweise für unsere Reihe „Zur Wirkung von Musik“ beteiligt. Auch dadurch erfreuten sich die einzelnen Vorträge einer großen Aufmerksamkeit und Wertschätzung.
Weil seine Dienstleistungen überdies von einem hohen Maß von Professionalität gekennzeichnet sind, können wir sie uneingeschränkt empfehlen.

Nick Mende, wohnhaft in Butzbach, und Kollegen von der Firma Lösched in Wöllstadt (www.loesched.de) ist zu danken für Ihre Arbeit im Zusammenhang mit der Erstellung der Stiftungs-Website. Zum Einen wurde beim Angebot eine Honorar-Reduktion für den Status der Gemeinnützigkeit eingeräumt, die den Rechnungsbetrag geringer ausfallen ließ als marktüblich. Zum Anderen wurden Flexibilität, Kurzschrittigkeit und die Aufnahme der Wünsche in der Kooperation zwischen Auftraggeber und den Ausführenden als sachlich sehr kompetent und zielführend sowie auch menschlich immer angenehm wahrgenommen. An den Dank schließt sich also unsere Empfehlung an.



PREISFRAGE: Gibt es eine realistische Möglichkeit für die friedliche Beendigung des Krieges in der Ukraine?

Tatsächlich wird ein Preis ausgelobt für eine überzeugende Antwort – nicht eine Million Dollar zwar, aber immerhin ein Exemplar des Buches „Die Zukunft der Demokratie“ von dem Politikwissenschaftler Prof. Herfried Münkler, der am 8. Mai in Butzbach für einen Vortrag mit Gespräch zu Gast sein wird. 

Wie in den westlichen Ländern auf den Einfall und die Annektionen Russlands in der Ukraine möglichst klug und wirkungsvoll reagiert werden sollte, ist von Beginn an Gegenstand ständiger, teils hitziger Debatten. In meinen Augen gibt es – leider – eine klare Überlegenheit der Argumente aufseiten derjenigen, die meinen, den Aggressor nur mit Waffengewalt eindämmen zu können. Denn die Anderen, zumindest vordergründig Friedliebenderen, gehen offenbar viel mehr von Wunschvorstellungen aus als von den höchst unangenehmen tragischen Gegebenheiten.

Doch gern würde ich mich vom Gegenteil überzeugen lassen, deshalb diese öffentliche Nachfrage. Sie ist nicht rhetorisch motiviert, sondern allein durch das aufrichtige Bemühen, gute Gründe zu erfahren für die Beendigung der Waffenlieferungen an die Ukraine und/oder die Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Denn nichts wäre wünschenswerter als das sofortige Ende des Blutvergießens. 

„Frieden schaffen ohne Waffen“ und „Schwerter zu Pflugscharen“ waren ja die Leitsprüche während der heftigen Nachrüstungsdebatte in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Mit diesem Überzeugungshintergrund protestierten wir im Oktober 1981 im Bonner Hofgarten, zusammen mit 300.000 Kundgebungsteilnehmern und -teilnehmerinnen. Darunter auch Olaf Scholz , wie wir heute wissen. Die NATO-Nachrüstung, gegen die wir uns ausgesprochen hatten, wurde dann doch durchgeführt.

Erste große Risse in der Friedensbewegung zeigten sich während der 90er Jahre im Balkankrieg, welche die Partei der Grünen vor eine Zerreißprobe stellten, gipfelnd im Farbbeutelwurf gegen den Außenminister Joschka Fischer im Jahr 1999. Die Partei war etabliert und in der Regierung angekommen, was mit einem Wechsel zu einer realpolitischen Haltung einher ging. Heute ist sie diejenige, die sich mit am Entschiedensten für die Verteidigung der Ukraine auch durch die Gegengewalt der Waffen einsetzt, wohingegen sich die innerparteilichen Auseinandersetzungen in dieser Frage vornehmlich in der SPD abspielen. AfD und Linke hingegen sind sich jeweils intern weitgehend einig in der Ablehnung einer militärischen Unterstützung des angegriffenen Landes.

Zur Argumentationslage:
Die Gegner der weiteren Aufrüstung der Ukraine betonen erstens die Gefahr der Eskalation bis hin zum Einsatz von Atomwaffen. Selbst wenn das wahrscheinlich wäre, bliebe die Erkenntnis, dass jedes Land, welches über Atomwaffen verfügt, diese als Drohung einsetzen und unter diesem Schutzmantel gleichzeitig andere Länder konventionell angreifen kann, bis hin zu deren Unterjochung oder gänzlichen Auslöschung.
Zweitens wird ganz allgemein und eher unbestimmt von „friedlichen Lösungen“ gesprochen, die man dem Krieg und der Gewalt entgegensetzen solle. Dafür werden „sofortige Verhandlungen“ gefordert. Die Nachfrage, wie das umgesetzt werden solle angesichts der gegebenen Bedingungen, bleibt unbeantwortet und die Diskussion sehr vage. Diese Bedingungen bestehen aufseiten Russlands mindestens im Anspruch, sich die annektierten vier neuen Gebiete und wie bisher die Krim, beides völkerrechtswidrig und nirgendwo anerkannt, offiziell als neues Staatsgebiet absegnen zu lassen. Aufseiten der Ukraine steht dem die bislang vertretene Ansicht entgegen, dass das eigene anerkannte Staatsgebiet unangetastet bleiben soll.

Wie immer man die Sache auch dreht und wendet: Eine Verweigerung weiterer militärischer Unterstützung würde dazu führen, dass ein Land mindestens einen Teil seines Staatsgebietes abgeben muss, und das nach schlimmsten Opfern in der vorherigen Auseinandersetzung, nachdem ein Anderer gewaltsam darauf Zugriff genommen hat. Es könnte aber auch sein, dass die russische Armee bei militärischer Überlegenheit einfach weiter vordringt und das gesamte Land unterwirft. Kriege enden zwar immer mit Verhandlungen, doch eindeutig auf der Basis des zuvor militärisch Erreichten. Die Lage auf dem Gefechtsfeld ist immer DER entscheidende Ausgangsfaktor für Verhandlungen.

Wenn die unter dem Banner des Friedens Argumentierenden für das Ende der militärischen Unterstützung eintreten, wird es die hochwahrscheinliche, nahezu logische Folge sein, dass ein Land mindestens eines Teils seines Gebietes beraubt wird. Deshalb muss, wer A sagt, auch B sagen: Der Verzicht auf die weitere Ausstattung der Ukraine mit Waffen führt zu sowohl völkerrechtlich untersagten als auch moralisch verwerflichen und menschlich unsäglichen Konsequenzen (Zwangsherrschaft, Verschleppung, Entzug der Menschenrechte u.v.m.). Das ist kein Eintreten für den Krieg, sondern eine simple logische Folge unter Annahme realistischer Bedingungen. Alle, die sagen: „Stoppt die Versorgung der Ukraine mit Waffen“, müssen sich fragen lassen: Können wir wollen, was darauf folgen wird?

Die Anwendung brutalster Gewalt, auch gegen unzählige Unbeteiligte, vollkommen ungerechtfertigte Ansprüche und in diesem Zusammenhang das permanente unverfrorene Lügen in einem Maß wie sonst nur Donald Trump lässt den Wunsch nach Verhandlungen als zwecklos erscheinen – um so mehr, als diese Ansprüche aufseiten Russlands ja immer wieder ganz explizit zur Vorbedingung für Verhandlungen gemacht werden. Mehr noch: Neben der Dreingabe aller Rechte oder der Existenz einer souveränen Nation würden sie ein Beispiel dafür abgeben, wie leicht und allein mit militärischer Gewalt die Errungenschaften von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat zunichte gemacht werden können.

Um es etwas anders, sozusagen metaphorisch auszudrücken:
Man stelle sich eine Population aus lauter Tauben vor, sprichwörtlich friedliebend und ohne Nahrungssorgen bis zum Ende aller Zeit. Sobald aber nur ein einziges Falkenpärchen in ihr Habitat eindringt, sind die Tauben, je nach ihrer Anzahl, früher oder später ausgerottet. Das ist zutiefst zu bedauern. Der Grund dafür liegt in der Eigenschaft der Tauben, sich nicht wehren zu können.

Im Tierreich ist diese Eigenschaft angeboren, als Menschen haben wir aber die Wahl. Es gibt Möglichkeiten, eindringende Falken abzuschrecken, und wenn das nicht hilft, zum Mittel der verteidigenden Gegengewalt zu greifen. Die Alternative wäre die Haltung eines Tieres, sich dem Angreifer zu unterwerfen und ihm seine Kehle darzubieten. Dann aber erledigt sich das Taube-Sein ganz.
Das in jeder Situation und unter allen Umständen Friedliebende führt zur Zerstörung des Friedens und der Friedensliebe.

Wir sind nicht nur ermächtigt, sondern geradezu verpflichtet, diejenigen Institutionen zu schützen und zu stärken, die unser friedliches und freies Leben sichern, darunter auch die Gewaltenteilung, die gerade in Teilen Osteuropas und jüngst sogar in Israel massiv gefährdet ist. In Russland ist sie nicht gefährdet, sondern vollkommen zerstört. Wer der Ukraine nicht hilft, sich auch militärisch zu verteidigen, fördert die weitere Ausdehnung der Unfreiheit, der Diktatur und des Leidens in der Welt.

So weit die Argumentation, wie sie sich derzeit darstellt. Es wäre aber außerordentlich wünschenswert, von ebenso guten oder noch besseren Gründen zu erfahren, wie man ohne Waffen Frieden schaffen könnte, unter Berücksichtigung aller realistischer Gegebenheiten oder Faktoren. Denn wer will nicht lieber Frieden und Gewaltlosigkeit?

Podcast zum Film „Eine deutsche Partei“

Unsere erste Aktivität, welche dem offiziellen Stiftungszweck der „allgemeinen Förderung des demokratischen Staatswesens“ diente, war die Vorführung des Dokumentarfilms „Eine deutsche Partei“ zusammen mit dem Butzbacher Kino am 1. Juni 2022. Die Besonderheit lag in der anschließenden Podiumsdiskussion mit dem Regisseur des Films, Simon Brückner aus Berlin und der Gießener Politikwissenschaftlerin Dr. Alexandra Kurth (siehe unter „Veranstaltungen in der Vergangenheit“).
Nun hat Simon Brückner einen Podcast zum Film eröffnet. Im Sinne der politischen Bewusstseinsbildung empfehlen wir all denjenigen, die wachsam sein wollen im Hinblick auf die Gefährdung unseres freiheitlichen Systems, hineinzuhören:


Eine deutsche Partei – Der Podcast zum Dokumentarfilm
Folge 2: Die Radikalisierung der AfD

In der zweiten Folge von ‚Eine deutsche Partei – Der Podcast zum Dokumentarfilm‘ trifft Simon Brückner den Politikwissenschaftler Hajo Funke, Experte für die Themen Rechtsextremismus und Antisemitismus in Deutschland. Gemeinsam werfen sie einen Blick auf den vorzeitigen Abbruch des 13. Bundesparteitages der AfD in Riesa, die weiterhin zunehmende Radikalisierung der Partei unter dem Einfluss Björn Höckes und deren andauernden innere Konflikte. Außerdem sprechen sie über Islamfeindlichkeit und Islam-Neid, über apokalyptisches Denken und weshalb dem Erfolg der AfD Grenzen gesetzt sind.

Moderation und Produktion: Simon Brückner

Mitarbeit: Anna Iwanska und Jonathan Wulff

Musik: Marco Glienke

Cover Art: Marcel Weisheit

Webseite des Podcasts mit allen Links und Shownotes

Direkter Link zu spotify

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Beiträge zur Unterstützung des Doppel-Benefizkonzertes am 15.5. 2022 und der Ukrainehilfe

In erster Linie sind es natürlich die Mitwirkenden, denen der Dank gebührt, für die Bereitschaft, ihr Können ohne Honorar und ohne Aufwandsentschädigung in den Dienst der guten Sache zu stellen. Auch die Stiftung selbst hat keinerlei Kosten in Abzug gebracht, sodass der Ertrag (Spenden anstelle von Eintrittsgeldern) vollständig der Hilfe für geflüchtete ukrainische Kinder zufließen konnte (siehe unter „Veranstaltungen: Doppel-Benefizkonzert“)
In der Reihenfolge ihres Auftretens waren aktiv beteiligt:
Marion Adloff, Michael Ernst und Joachim Wagenhäuser aus dem Lehrkörper der Musikschule Butzbach
Der KonzertChor Butzbach, unter dem Dirigenten Andreas Ziegler und der Vorstandsvorsitzenden Martina Maskos, die den Chor auf eine sehr freundlich-kommunikative Weise nach außen vertritt
Die „altgediente“ Butzbacher Rock- und Popmusik-Formation Rock-O-Deal, welche den zweiten Teil des Konzerts gestaltete, mit Arno Cichowlas, Bille Kost, Holger Kost, Moritz Mengel und Mecki Odignal.

Ein besonderer Dank gilt Frau Rita Herth, der früheren langjährigen Leiterin des Kulturamts der Stadt Butzbach. Nicht nur ihre mitorganisatorische Tätigkeit war von großem Nutzen für das Zustandekommen und die Durchführung des Konzertes, sondern auch die Verbindungen, die sie über Jahrzehnte aufgebaut hatte und von denen wir nun profitierten.
Bürgermeister Merle übernahm die Begrüßung am Abend des Konzerts,, die Stadt Butzbach trug die Kosten für die Stimmung des Klaviers und stellte das Bürgerhaus als Veranstaltungsort einschließlich Bestuhlung unentgeltlich zur Verfügung, wobei sich Hausmeister Marius Hübner auch über den Feierabend hinaus engagierte. Ebenfalls am Abend des Konzerts halfen Frederik Wirarak, Roland Fritsch und Dirk Schimmel.
Von Beginn an, d.h. ab diesem Konzert, hat Annette Windus in der Butzbacher Zeitung über unsere Veranstaltungen kenntnisreich in Text und Bild berichtet, danach über die beiden bisher gezeigten Dokumentarfilme im Kino Butzbach.

All diesen Musikern und Musikerinnen, Helferinnen und Helfern sei ganz herzlich gedankt – in der Hoffnung, dass sie sich im Rahmen zukünftiger Projekte wieder „pro bono“ engagieren mögen …

Sehr dankbar sind wir auch für Sachspenden vonseiten der folgenden Firmen:
Weimar Beschriftungen GbR (Druck von Plakaten, Flyern und eines Banners)
Blumen Balser (dekorative Blumengestecke in den ukrainischen Nationalfarben)
Bäckerei Mack (Gebäck zur Verköstigung der Mitwirkenden)
Kelterei Müller (Getränke zur Verköstigung der Mitwirkenden)

für Geldzuwendungen per Überweisung vonseiten der folgenden Firmen und Privatpersonen:
GHG Gesellschaft für Haus und Grün
Heidler Hydraulikbau GmbH
Bauzentrum Gerhardt
Bauunternehmen G. Hildebrandt
Margret und Otto Wanke
Dr. Michaela Goll
Bärbel Müller-Scheer und Frank Müller
Dr. Harm Müller
Stefanie Mau
Dr. Sven Grieger und Gabriele Grieger
Axel Schaaf
Joachim Wagenhäuser

Katharina Trnka

und nicht zuletzt für die Beiträge der Besucher und Besucherinnen des Konzerts in den Spendenboxen!

Paradoxe Spielereien

Nach dem ernst-gewichtigen Einführungstext in der BlogChain (siehe dort) mit dem Titel „Der Abschied von der Selbstverständlichkeit“ hier einige ungeordnet-leichtere Gedanken, verbunden nur durch das Merkmal, auf je unterschiedliche Weise „paradox“ zu sein.
„Paradox ist es, wenn ein Förster keine Schonung kennt.
hieß es schon vor Jahrzehnten in der Comedy-Szene. Im Allgemeinen umgibt die Comedy ein schlechterer Ruf als das Kabarett, weil sie sich nicht selten auf eine oberflächliche, stillose oder herablassende Art lustig macht über wehrlose Schwächere (nur nebenbei eingeschoben die folgende Frage, weil Viele die Antwort bereits kennen:
„Was unterscheidet Comedians von den Kabarettisten?“ „Die Erstgennanten machen es wegen dem Geld, die Anderen wegen des Geldes“).
Andererseits wird dem Kabarett oftmals seine moralinsaure Note übelgenommen – manchmal sicher zu Recht.
Indes stammt der beste Einwort-Witz aller Zeiten von dem Comedian Markus Krebs:
„Brennholzverleih“.
Schon zwei Wörter benötigen
„Herrenloses Damenfahrrad“,
„Undercover-Extrovertiertheit“ und
„Sei spontan!“, die bekannte Paradoxie des Psychologen Paul Watzlawick (1921 – 2007).

Vielleicht veranstalten wir einmal einen ganzen Abend nur über Paradoxien (bei Interesse bitte melden). Dann könnten wir uns auch ansehen, welche komplizierteren und umfangreicheren Paradoxien es in der Logik und in der Wissenschaft gibt.

Wer mehr paradoxe Phrasen kennt, am besten höchstens einen Satz lang, bitte in Gestalt eines Kommentars einreichen!


Der Abschied von der Selbstverständlichkeit

EIN MEHRFACHSPRENGKOPF IN DER KOMFORTZONE

Wenn man einen solchen Blog eröffnet, eine Reihe von Äußerungen mit der Einladung zum Kommentieren, hat der erste Beitrag natürlich eine ganz besondere Bedeutung.
Anders als im NotizBlog mit der dort gewollten Leichtigkeit, Regellosigkeit und Spontaneität, geht es hier um ein ernsteres und tieferes Anliegen: Es soll ein bisschen mehr sein als in der üblichen flüchtigen Kommunikation, fundierter als am Stammtisch, unaufgeregter als im Journalismus, weniger von Interessen bestimmt als in der Politik und aufrichtiger als im Business, wo die meisten angeblichen „Argumente“ tatsächlich nur im Dienst des Marketings stehen. Sogar hinter vielen Freundlichkeiten blitzen dort nackte Verkaufsinteressen fadenscheinig und peinlich entlarvend hervor. Zu sagen und zu schreiben, was man wirklich meint, Authentizität und Transparenz also, soll die Richtschnur sein in diesem Blog. Auch für die erwidernden Texte von Euch / Ihnen.

Für den ersten Beitrag ging es mir darum, ein Thema zu wählen, welches zum Einen eine Menge mit dem Anliegen der Stiftung zu tun hat und zum Anderen einen starken aktuellen Bezug aufweist: Was brennt uns gerade unter den Nägeln, was kennzeichnet unsere gegenwärtige Lage, im je eigenen Leben, in Bezug auf die Gesellschaft und im Blick auf unsere Lebensgrundlagen ganz allgemein? Was tut sich derzeit, an mehreren Fronten (eine davon leider im wörtlichen Sinne zu verstehen), und wie bestimmt es unsere Situation? Was müsste uns hier und jetzt interessieren, und worum sollten wir uns ganz aktuell kümmern?
Und nicht zuletzt: Gibt es ein gemeinsames Band, ein Stichwort, ein Merkmal, eine Floskel, wodurch sich viele dieser Befunde und Strömungen gleichzeitig einfangen und prägnant fassen lassen?

Hier kommt das, was unter diesen Gesichtspunkten am plausibelsten und am meisten kennzeichnend erscheint:

DER ABSCHIED VON DER SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT

Über etliche Jahre hinweg, in mancherlei Hinsicht über viele Jahrzehnte, haben wir uns eingenistet in einer Behaglichkeit, die nicht danach fragte, wie das überhaupt möglich war. Was alles musste sich ereignen, was hätte umgekehrt nicht passieren dürfen, welche Ereignislinien mussten genau so zusammentreffen wie tatsächlich geschehen, wer musste sich wie sehr mühen über Jahrzehnte und Jahrhunderte? Welche Opfer pflastern diesen Weg – Betroffene, aber nicht an den Entscheidungen Beteiligte -, damit es uns so gut gehen konnte im Vergleich zu den meisten Erdenbürgern außerhalb von Westeuropa und auch hier während des allergrößten Teils früherer Epochen?

Solche Fragen haben sich die meisten Menschen nie gestellt. Vielmehr haben sie einfach vorausgesetzt und es als ihr Menschenrecht betrachtet, unter Bedingungen zu leben, unter denen sie sich gut und frei fühlen und zumindest einen gewissen Wohlstand genießen können. Manche auch weitaus mehr als das.

Ausdrücklich sei gesagt, dass es auch hier und heute Menschen gibt, für die eine solche Beschreibung ganz und gar nicht zutrifft, die nicht auf der Sonnenseite stehen, die Opfer waren und Opfer sind von Unrecht, Ungleichheit, Benachteiligung gewollt oder ungewollt, von Zwang zur auslaugenden Arbeit oder der Entleerung ihres Lebenssinns. Bevor sie an dieser Stelle – mit vollem Recht – widersprechen oder nur noch höhnisch lachen können, sei betont, dass bei den vorliegenden Überlegungen von der breiten Mehrheit die Rede ist. Es gibt und gab nur wenige Länder, in welchen für eine so große Mehrheit sowohl Freiheit als auch Wohlstand vorausgesetzt werden konnten, einfach so, wie hier in dieser insgesamt unfassbar reichen, mit größten Freiheiten ausgestatteten Republik.

Und nun sehen wir, in mehrerlei Hinsicht und innerhalb kurzer Zeit, dass das vermeintlich Selbstverständliche daran keinesfalls vorausgesetzt werden kann. Es war eine Illusion, erzeugt nur durch die lange Gewöhnung daran. In mancherlei Hinsicht sind es die Alten, welche den Krieg und die unmittelbare Nachkriegszeit noch erlebt haben, für die der Komfort der letzten Jahrzehnte deshalb nicht naturgegeben ist. Bei anderen Themen erkennen seit wenigen Jahren zunehmend nur die ganz Jungen, oder viel mehr: einige davon, dass und wo etwas nicht stimmt mit dem, was die große Mehrheit für natur- oder gottgegeben hält.

Doch massiv ereilt uns alle in diesem Jahr eine Ent-Täuschung nach der anderen: 

  • Bequem war es nicht nur, 77 Jahre lang im Frieden zu leben, sondern auch, davon auszugehen, dass das immer so bleiben müsse. Die auf der Startseite angedeutete „Zeitenwende“ stand zunächst in einem geopolitischen Zusammenhang, nämlich der Reaktion auf den nie für möglich gehaltenen Einmarsch der Militärmaschinerie eines Landes in das Gebiet seines europäischen Nachbarn. Doch schlagartig wird uns nun klar: Frieden ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Errungenschaft. Das heißt buchstäblich: Er musste und muss immer wieder errungen werden. Bald vierzig Jahre ist es her, dass zum letzten Mal Kriegsängste herrschten im kollektiven Bewusstsein, Stichwort „atomar bestückte Mittelstreckenraketen“. Der Krieg im ehemaligen Jugoslawien während der 90er Jahre war trotz des dortigen Mordens schon weniger bedrückend für uns Westeuropäer, und spätestens danach regierte die diesbezügliche Arglosigkeit.
  • Auch ökonomisch gesehen hatten wir es uns gemütlich gemacht in einer äußerst komfortablen Situation: Ein reger und höchst profitabler Wirtschaftsaustausch fast mit der gesamten Welt einschließlich politisch und moralisch fragwürdigster Länder, dem Bezug spottbilliger Energie vor allem aus solchen Ländern und dem massiven Export in ebensolche  – die militärische, und wie wir jetzt sehen: notwendige Verteidigung dieser Möglichkeiten aber und die Kosten dafür überließen wir zu einem großen Teil unseren Verbündeten. Die Wirtschaftstätigkeit erbrachte viel, kostete aber wenig – die beste aller möglichen Welten. Manche nennen es auch „Trittbrettfahren“. Und dabei sind die früheren Sünden des Kolonialismus noch gar nicht angesprochen. Was an Menschenrechtsverletzungen geschah und geschieht aufseiten mehrerer unserer wertvollsten Handelspartner, spielte allenfalls in Lippenbekenntnissen und Sonntagsreden eine Rolle. Seit dem 24. Februar dieses Jahres ist es vorbei auch mit dieser Sorglosigkeit.

  • Damit verbunden war die Fraglosigkeit der Versorgung mit Lebensmitteln, Kraftstoffen, Strom und Heizenergie sowie Rohstoffen für die Industrie. Knappheiten bestanden allenfalls auf der persönlichen Ebene, nie aber waren sie wirklich systemisch. Nur kurzzeitige Schwierigkeiten mit Lieferketten dann und wann, eine zeitlich sehr begrenzte Ölkrise vor Jahrzehnten, ab und an ein Börsencrash mit jeweils baldiger Erholung, ansonsten die üblichen Preisschwankungen und Tarif-Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern, doch langfristig eine hochgradige Stabilität – so stellte sich unter dem Strich die WIrtschafts- und Versorgungslage dar. Doch nun ganz plötzlich seit fast einem Jahrhundert nie mehr dagewesene Kostensteigerungen für Energie, chaotisch verlaufende Preisbildungsprozesse und die Gefahr der Rationierung wie sonst nur in der Kriegswirtschaft: All das hatte niemand mehr auf dem Schirm. Wer kennt noch heute Lebende, die im Winter frieren mussten?
         
  • Nur zum Teil mit dem Krieg zusammenhängend beobachten wir neuerdings eine allgemeine Inflationsrate, die das seit mehr als zwanzig Jahren Gewohnte in sein Gegenteil verkehrt. Es gab ja kaum eine Geldentwertung, jedenfalls eine weit unterhalb der von den Notenbanken aus guten Gründen angepeilten 2% pro Jahr. Was das Schuldenmachen enorm erleichterte und das Wachstum stetig befeuerte. Auch diesbezüglich hatten wir uns in der prosperierenden Stabilität eingenistet wie nie zuvor so lange am Stück. Nun dämmert uns langsam, dass auch das nur eine vorübergehende Phase gewesen ist. Und mehr noch: Dass nämlich das Geldsystem insgesamt auf tönernen Füßen steht. Dies ist m.E. eine der am meisten unterschätzte, nahezu totgeschwiegene Gefahr überhaupt. Der mächtige Warnschuss der Finanzkrise aus dem Jahr 2008 war nach wenigen Jahren restlos verhallt. Außer unter einigen der Experten, die tiefer sehen als nur auf kurzfristige und unvollständige Kosten-Nutzen-Kalkulationen, Börsenkurse und Bilanzen. Nicht nur beim Thema „Ökologie“ ist ein unglaubliches Maß an Ignoranz in der Welt.

  • Noch viel länger herrscht und ebenfalls in den wirtschaftspolitischen Zusammenhang gehört die „Alternativlosigkeit“ des Wachstums als Grundvoraussetzung für alle Formen der Wohlstandsmehrung und -erhaltung. Sogar jetzt ganz aktuell sind wir wieder Zeugen eines extremen und komplett rückwärtsgewandten Programms, gerade vorgestellt von der neuen Premierministerin Liz Truss für Großbritannien und Nordirland: Massive Steuersenkungen als Kopie der langfristig gescheiterten Politik von Margret Thatcher in den achtziger Jahren, fast nur zugunsten der ohnehin Wohlhabensten – im Unterschied zu damals aber zusätzlich mit einem nie dagewesenen Maß der Neuverschuldung. Und alles ausschließlich zur Rettung des allein selig machenden Wachtsums.
    Die entscheidende Frage lautet: Kann es eine Art der Steigerung von Produktion und Konsum geben, welche die Lebensgrundlagen nicht weiter zerstört? Ist also grünes Wachstum möglich, oder muss auf Wachstum komplett verzichtet werden? Die Ökonominnen und Experten sind sich nicht einig darüber …
      
  • Nur zwei Jahre vor dem militärisch Undenkbaren fand sich die ganze Welt aufgerüttelt durch die Corona-Pandemie. Fachleute warnten bereits seit Jahrzehnten vor Ereignissen dieser Art. Dass mörderische Wellen von Virusinfektionen kommen würden, war ihnen bekannt. Die Frage war nicht, ob, sondern nur, wann. Unser Bedürfnis, nicht behelligt zu werden, vielleicht auch der Siegeszug eines naiven, unbedingten „positiven Denkens“ seit den neunziger Jahren haben unsere Augen verschlossen.  

  • Noch mehr gilt das für die über Jahrhunderte hinweg gedankenlos gehandhabte Praxis, dem Planeten grenzenlos Ressourcen entnehmen zu können, ohne uns über die längerfristigen Folgen dieses Tuns Gedanken zu machen, ganz besonders in den letzten dreißig bis vierzig Jahren. Auch diese Zusammenhänge sind seit mindestens fünfzig Jahren bekannt, auch und gerade den Öl-Multis, die sie unter Verschluss gehalten haben. Einzelne Wissenschaftler sahen bereits im 19. Jahrhundert (!) die Entwicklung im Groben voraus.
    Kann das System das aushalten, ohne zu kollabieren? Nicht nur die Klimaveränderung, sondern auch Artensterben, zunehmende weltweite Wasserknappheit, die Vermüllung der Ozeane und immer mehr auch des Weltraums ändern unsere Lebensbedingungen radikal. Das vertraute, früher kaum jemals hinterfragte Wirtschaftsmodell als Ganzes stößt an eine Grenze. Wenn wir Glück haben – oder besonderes Pech, je nach Blickwinkel -, werden sich im Vergleich sowohl die Pandemie als auch der brutale russische Angriffskrieg als ein lockeres Warmlaufen für noch wesentlich schwerer wiegende und dabei weit mehr weltumspannende Probleme erweisen.
     
  • „Unsere Kinder und Enkelkinder sollen es einmal besser haben als wir“ – eine Überzeugung, die sich in den allermeisten Fällen seit dem zweiten Weltkrieg erfüllte, oftmals auch vorher. Mit der Realisierung solcher Wünsche ist es wohl vorbei. „Sollen“ in den Augen Vieler schon, das „Werden“ hingegen ist mehr als fraglich. Selten konnte man sich in der Vergangenheit sicherer sein, dass sie es nicht besser, sondern schlechter haben würden.
      
  • Ein Anwendungsfall für diesen Wunsch und sein Zerbröseln ist das Rentensystem: Mit dem sog. „Umlagesystem“ beziehen jeweils die Älteren, die nicht mehr arbeiten, direkt und zeitnah Zahlungen von denjenigen, die im Arbeitsprozess stehen und dafür Abgaben leisten. Doch können sich diese noch darauf verlassen, dass es ihnen selbst während ihres Lebensabends noch genauso ergehen wird? Eine an sich sehr vernünftige Praxis sieht sich großen Gefährdungen gegenüber, allein schon, weil es ungleich mehr Ältere und ungleich weniger Jüngere gibt als in allen Epochen zuvor. Das kapitalbildende System scheint nur auf den ersten Blick zielführender zu sein, denn es ist alles andere als klar, dass die auf dem privaten Kapitalmarkt angelegten Gelder tatsächlich die Erträge liefern wie in der Vergangenheit, ja dass die eingezahlten Beiträge überhaupt noch in voller Höhe zurückfließen werden, wenn man – die einzig richtige und relevante Betrachtung – die Inflationsrate abzieht, siehe oben. Mit dem Wegfall der anderen genannten Selbstverständlichkeiten gehören auch Sicherheit und Verlässlichkeit der Versorgung der Menschen im Ruhestand endgültig der Vergangenheit an.

Abgesehen von der Fragilität des Finanzsystems, welche noch immer nicht in der notwendigen Breite gesehen wird, sind alle anderen Austilgungen der Selbstverständlichkeit nun innerhalb von wenigen Monaten und ganz wenigen Jahren massiv in unser Bewusstsein getreten.

Viele Jahrzehnte lang haben wir es uns gemütlich gemacht in der Vorstellung, dass wir uns gegen niemanden militärisch verteidigen brauchen, dass wir nur Wachstum fördern und uns keine Gedanken über die Endlichkeit der Ressourcen dafür machen müssen (naiv, verdrängend oder bewusst verschweigend haben wir ihre Unendlichkeit einfach vorausgesetzt), dass Epidemien lange vergangene Ereignisse sind, dass Erde und Ozean auch dann unberührt bleiben, wenn weiter Tausende von Arten aussterben, und zwar mit beschleunigter Tendenz, dass wir ewig den Menschen in anderen Ländern mehr verkaufen können, als wir von ihnen erwerben (lange Zeit stahlen wir es kurzerhand), dass wir gleichzeitig durch sie mit billiger Energie versorgt werden, dass wir dafür in moralischer Hinsicht beide Augen fest zudrücken und im Welthandel permanent eine massive Doppelmoral anwenden, dass wir fraglos von dem Funktionieren des Renten-Umlagesystems wie auch der langfristigen privaten Kapitalbildung ausgehen und dass wir ohne jeden Zweifel naiv die Stabilität eines Geldsystems voraussetzen, obwohl es weitgehend unbemerkt hoch gefährdet ist.

Und nun fällt uns das alles auf einmal vor die Füße. Das Meiste davon wird nicht bloß fragwürdig – nein, es hat sich innerhalb kurzer Zeit auch faktisch schon erledigt. Nie mehr wird Energie so billig sein wie bis zu diesem Jahr, nie mehr werden wir uns restlos entspannen können angesichts der Gefahr neuer Viren und ihrer Varianten, nie mehr werden wir voraussetzen können, dass uns andere Länder des Westens auf ihre Kosten verteidigen, während wir gleichzeitig mit ihnen und weltweit glänzende Geschäfte machen, und nie mehr werden wir gedankenlos die Welt vermüllen, den Boden ausbeuten und die Atmosphäre mit CO2 und Methan vollpumpen können, ohne dass innerhalb weniger Jahrzehnte riesige Teile der Erde unbewohnbar werden und andere nur unter gigantischen Kosten erhalten bleiben.

Eine ernüchternde Diagnose – aber keine überraschende für Menschen, die schon länger darüber nachdenken, und für 99 Prozent der Wissenschaft. Doch sowohl sie als auch der gesunde Menschenverstand müssen noch immer zurücktreten gegenüber Lobbyismus, Profitgier und der Macht der Gedankenlosigkeit. „Die Macht der Gedanken“ heißt es in einem anderen Zusammenhang, doch in diesen großen, bedeutenden WIrkungsfeldern regiert in Wahrheit die Macht der Gedankenlosigkeit. Zwei der Ursachen dafür sind Wachstum mit allen Mitteln und damit zusammenhängend die Grenzenlosigkeit des Konsums. Völlig gleich, wie man zu Papst Franziskus, den christlichen Kirchen oder der Religion überhaupt steht – mit dieser Formulierung hat er den Nagel auf den Kopf getroffen: „Die zersetzende Banalität des Konsums“. Man muss nicht gläubig sein, um hinter dieses Verdikt ein Ausrufezeichen zu setzen!

Eine ernüchternde Diagnose – aber keine, die so stehen bleiben muss.

Deshalb lade ich alle Leserinnen und Leser dieses Beitrags ein, Stellung zu nehmen, die Eindrücke und Beschreibungen zu bezweifeln, sie zu stützen oder zu widerlegen, mehr Anstöße zu geben, selbst weiter zu denken, vielleicht sogar Elemente einer Lösung zu skizzieren.
Gern auch in sehr kurzen Statements, die sich insofern stark unterscheiden von dieser umfangreichen Thesen-Vorlage. Sorry for that, aber manchmal ist es schwer, sich zu beschränken. Vor allem dann, wenn es um so viel geht.

Intellektuelle Redlichkeit

Aus dem Gedächtnis, vor mehreren Monaten geschehen:

Harald Lesch sitzt in irgend einer Talkshow, womöglich war es bei „Lanz“, und spricht über das, was in der „Mainstream-Wissenschaft“ zu Recht als gut gesichert gilt, über die Rest-Unsicherheit, die immer bleibt, und die stetige Präzisierung des Wissens auch und gerade mithilfe von Irrtümern. Dabei spricht er einen Satz aus, der allseits mit bestätigendem Nicken und Staunen, fast mit Entzücken aufgenommen wird: „Ach, wie schön ausgedrückt“ und „Wie wahr!“ – sinngemäß jedenfalls. Sein Satz lautete: „Wir irren uns empor“. Schauen Sie nach auf der Seite „Das Verstehen fördern“ unter „Ziele und Zwecke“, dort findet sich derselbe Satz, eingebunden in eine Erläuterung des Prinzips.

Rückblende, auf eine Situation vor mindestens dreißig Jahren: In einem Vorlesungssaal der Gießener Universität spricht der Dozent, Prof. Gerhard Vollmer, über Erkenntnistheorie. Von ihm fällt der Satz: „Wir irren uns empor“. „Ach, wie schön ausgedrückt!“ denke ich, und: „Wie wahr!“, und schließlich: „Das muss ich mir merken“. Letzteres nicht nur sinngemäß, sondern wörtlich.

Zurück bei „Lanz“ in der Gegenwart: Was folgt auf die Äußerungen von Lob und Gefallen vonseiten des Moderators und der anwesenden Talk-Gäste? Wird Lesch die Lorbeeren nur für sich einheimsen? Vielleicht weiß ja niemand mehr, was vor dreißig Jahren gesagt und geschrieben worden ist. Oder wird er seine Quelle nennen? Unangenehme Sekunden vergehen, dann kommt die entscheidende, erlösende Aussage: „Das stammt nicht von mir, sondern von Gerhard Vollmer“.
Es ist schön, zu sehen, dass nicht nur Plagiat und Berechnung die Szene bestimmen, sondern gelegentlich auch die Redlichkeit. Ganz besonders, wenn ihr Informiertheit und Sachkompetenz zur Seite stehen. Solchen Menschen kann man vertrauen und sich getrost von ihnen belehren lassen.

Helferinnen und Helfer der ersten Stunde

Bereits in der Phase erster Überlegungen zur Gründung der Stiftung im Frühjahr 2021 gab es wertvolle Ideen und Impulse aus dem persönlichen Umfeld.
Insbesondere Dr. Michaela Goll, Susanne Wächtershäuser-Vespermann, Dirk Schimmel, Dr. Helge Vespermann und Agnes Giannone beteiligten sich am brainstorming zur Sinnhaftigkeit eines solchen Unternehmens und möglicher Aktivitäten. Außerordentlich hilfreich waren auch ihre Hinweise zur Namensgebung der Stiftung, auch und besonders im Ausschluss von Begriffen mit unpassenden Konnotationen (für ein Beispiel siehe unter „BlogHaus/NotizBlog“: „Eine auf eine bestimmte Art gekrümmte Kurve“).
Wenig später bekundeten auch Margret Wanke, Otto Wanke und Roland Fritsch ihre Bereitschaft zu einer informellen Art der Mitarbeit und halfen mit Ideen, Tipps und Handreichungen. Einige der interessierten Beobachter stellten eine Form des Engagements zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht, darunter Frank Müller.
Es dauerte ein wenig, bis Bürgermeister Michael Merle auf Anfragen reagierte, doch dann nahm er sich viel Zeit, sicherte grundsätzlich seine größtmögliche Unterstützung zu und gab wertvolle Informationen bezüglich potentiell fruchtbarer Kontakte. Letzteres gilt auch und besonders für Dirk Schimmel.

Nach dem notariellen Akt der Gründung am 1. Dezember fielen die Antworten auf Anfragen nach einer möglichen Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen und ihren Vertreterinnen und Vertretern erwartungsgemäß sehr unterschiedlich aus. Besonders offen für gemeinsame Projekte zeigten sich Ralf Bartel vom Kino Butzbach und einige Monate später Stefanie Krause und Dr. Agnes Model vom „Guten Haus“ sowie im kommunalpolitischen Bereich die Vorsitzende der Butzbacher SPD, Anne Thomas. Daneben kam es mit den Grünen zu einem Gespräch. Allen Beteiligten ist bewusst, dass die Stiftung parteipolitisch absolut neutral aufgestellt ist und der rege Austausch mit allen zweifelsfrei verfassungskonformen Parteien gleichermaßen gewünscht und angeboten wird. Der Unterschied liegt bislang ausschließlich in der Resonanz der einzelnen Parteien in der Kommune.

Im Zusammenhang mit den Bildungsstätten waren es besonders Jörg Welker, stellvertretender Schulleiter der Schrenzerschule, und Annette Pfannmüller, damalige Schulleiterin des Weidiggymnasiums, die sich sehr offen zeigten für Austausch und Kooperation. Da Frau Pfannmüller in diesem Sommer die Weidigschule verlassen hat, sollen hier neue Drähte etabliert werden.

Im Bereich der Unternehmen gab es bisher nur wenige Kontaktnahmen. Schon vor der ersten Veranstaltung erfolgte eine beträchtliche Zuwendung durch die Firma GHG (Gesellschaft für Haus und Grün mbH), Geschäftsführer Peter Netz, der eine regelmäßige materielle Förderung in Aussicht stellte.
Bezüglich der Unterstützung durch weitere Firmen befinden wir uns in Gesprächen. Natürlich sind wir darüber hinaus interessiert an Förderern aus dem betrieblichen, dem institutionellen und dem privaten Bereich, die von sich aus zur Erfüllung der Stiftungszwecke beitragen möchten.

Die frühesten Geldzuwendungen, noch vor der ersten Veranstaltung, erfolgten durch
Bodo Zerlik
Roland Fritsch
Frank und Corinna Rothermel
GHG Gesellschaft für Haus und Grün

All den Genannten gilt mein herzlicher Dank für ihre unterschiedlich geartete Unterstützung! Ohne sie würde ein solches Unternehmen womöglich gar nicht zustandekommen oder nicht funktionieren, zumindest aber nur weitaus unproduktiver und weniger mit Leben erfüllt.



Eine auf eine ganz bestimmte Art gekrümmte Kurve

Das folgende geometrische Gebilde hat einen Namen, den alle kennen:

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Was würden wir denjenigen antworten, die meinen, dass es sich hier nicht um eine Linie, sondern um eine Kurve handelt?

Doch, doch, das kann man so sehen: Es ist eine Kurve – nur halt auf eine ganz bestimmte Art gebogen.
Unmittelbar kommt einem die Frage in den Sinn, was denn ein sog. „Querdenker“ denken mag, wenn er mal quer denkt.

Die Reifungszeit der ersten Ideen zur Gründung der Organisation, die dann schließlich „Stiftung Kultur und politisches Bewusstsein“ heißen sollte, fiel in eine Hochphase der Corona-Pandemie. Bei den Überlegungen zur Namensgebung der Stiftung wurden bestimmte Begriffe in Betracht gezogen, darunter das „Querdenken“, denn darin spiegelt sich auch der wünsch- und fruchtbare Perspektivwechsel (siehe Startseite). Doch die ersten zehn oder zwölf Einträge beim Eingeben des Begriffes in die Suchmaschine lieferten im Jahr 2021 ausschließlich den Bezug zu Corona-Leugnern.

Quer zu denken war einmal eine sehr nützliche Sache, doch nun ist das Wort ganz anders besetzt. Sehr gut kann man daran sehen, dass Wörter an sich keine feste Bedeutung haben. Diese liegt vielmehr in ihrem Gebrauch. Diese Erkenntnis verdanken wir u.a. Ludwig Wittgenstein (1889 – 1951).

 ©Stiftung Kultur und politisches Bewusstsein gGmbH, 2022